15/42 Ein Abend bei der Bergbauernfamilie – vom Buttermachen zum Kuhmagen im Kraut – alles dabei

16. September 2021 | Armenien Blogs, Blogs der Reise, Eurasientour

15/42 Ein Abend bei der Bergbauernfamilie – vom Buttermachen zum Kuhmagen im Kraut – alles dabei

Wir wollen heute am Fuss des Vulkans übernachten und finden ein schönes Plätzchen mit einer Wasserstelle und atemberaubender Aussicht. Es ist bereits früher Abend, als wir dort ankommen und alles ist in goldenes Licht eingetaucht, so dass es uns einmal mehr die Sprache verschlägt. Wir haben ja auf unserer Reise schon so manches unglaubliches Plätzchen gefunden und jedesmal denken wir uns: schöner geht es nicht mehr – aber offenbar ist dem nicht so. Nachdem wir uns installiert haben werden wir dann aber von einer ziemlich wilden Jungstierherde fast überrannt – die Tiere werden von zwei Bergbauern hoch zu Pferd für die Nacht zum Gehege getrieben und kommen dazu natürlich an der Wasserstelle – und unserem Schlafplatz – vorbei. Die Stiere haben sich offenbar den Tag über noch nicht genügend ausgetobt und kämpfen spielerisch miteinander – wir stehen mit Freigeist plötzlich mittendrin. Marco wagt sich mit seiner Kamera bis vor die Tür und kann so glücklicherweise ein paar gute Bilder dieses Spektakels einfangen – Bettina verkriecht sich grad lieber im hintern Teil des Wagens und schaut vorsichtig aus dem Fenster. Die beiden berittenen Bauern lachen uns freundlich zu, sprechen uns mehrfach an, aber in der Aufregung verstehen wir grad gar nichts. Etwas später, als die Tiere weg sind, kommt zuerst Babuschka (das ist die Grossmutter) und fragt, ob wir uns verfahren hätten und ob sie uns helfen kann. Wir verneinen, geben ihr zum Dank unsere letzten Schweizer Schokolade und winken ihr fröhlich zu, als sie wieder zu ihrer Hütte zurückmarschiert. Nach weiteren 5 Minuten kommt der Bergbauer, bietet uns erstmal eine Zigarette an und erklärt uns, dass wir unbedingt zu seiner Hütte kommen müssen, dort übernachten sollen und das nicht bevor wir noch eine feine Suppe und einen Schnaps getrunken hätten. Wir können nicht nein sagen und er führt uns zu seiner Hütte, die ca. 100 Meter unterhalb unseres Platzes liegt. Wir parkieren da, erklären nochmals, dass wir aber im Auto schlafen wollen (was für den Bauern nicht vorstellbar ist) und setzen uns dann in die gemütliche Stube der kleinen Lehmblechhütte, die neben zwei Betten einen winzigen Tisch, ein paar behelfsmässige Stühle und eine sehr einfache Küche beinhaltet. Nun ist die Zeit der Bergbäuerin gekommen: sie tischt Essen auf, so dass der Tisch innert Kürze nicht mehr zu sehen ist – wir wissen gar nicht woher das alles kommt und ehe wir es uns versehen sind unsere Teller (und Gläser) voll und wir müssen essen, auch wenn wir eigentlich gar keinen Hunger mehr haben, da wir schon gegessen haben. Und eines der Gerichte überfordert uns dann auch etwas – es ist Kraut mit Kuhmagen (ev. auch Hirn, das haben wir nicht so richtig verstanden) und auch wenn es geschmacklich gar nicht mal so schlimm ist, die Vorstellung alleine genügt uns schon.

Aber es soll gesund sein und wir entkommen der Bäuerin nicht, es wird einfach geschöpft und gegessen. Es ist einmal mehr ein eindrückliches Erlebnis, das wir sehr geniessen. Es wird dann auch ziemlich bald lustig, die ganze Bergnachbarschaft kommt dazu und bald sind wir zu siebt in diesem kleinen Kabäuschen, es wird gelacht, getrunken, erzählt und wir fühlen uns einfach willkommen und gut aufgehoben. Als Marco mit den Männern dann noch Back Gammon spielt und Bettina mit den Frauen mittels der handbetriebenen Zentrifuge die Milch vom Rahm trennt, sich die Butterproduktion erklären lässt, besteht kein Zweifel mehr: wir gehören mindestens für heute Abend dazu, sind in die Gemeinschaft aufgenommen und werden so verwöhnt, dass wir später nur noch mit vollen Bäuchen, einem kleinen Schwipschen und aber sehr glücklich im Bett  (ja im Freigeist) liegen und den Abend nochmals Revue passieren lassen.

Am nächsten Morgen werden wir um 8 Uhr geweckt, denn wir müssen jetzt noch unser Glas Milch trinken, das wir gestern erfolgreich abgewendet haben – die Vorstellung nach dem üppigen Essen und dem Schnaps noch ein Glas Milch zu kippen hat uns also schon fast den Magen umgedreht gestern. Am Morgen geht es dann aber und die Milch ist so frisch und schmeckt so gut, dass wir gleich noch ein zweites Glas trinken. Dann werden wir losgeschickt, die Bäuerin und der Bauer möchten noch ein Foto von uns und wünschen uns viel Glück bei unserer Wanderung. Übrigens meint der Bauer, wir könnten ruhig mit dem Auto bis zum Krater hochfahren, das ginge schon. Na ja da hat er aber unseren Freigeist und auch unsere Fahrkünste etwas überschätzt und wir bewältigen den Weg lieber zu Fuss, zumal wir uns ja auch mal wieder etwas bewegen wollten. 

Als wir nach der Wanderung mit dem Freigeist wieder bei den Bauern vorbeifahren, passen Babuschka und die eine Nachbarin uns ab und machen uns verständlich, dass wir sie doch bitte noch ein Stück in Richtung Tal mitnehmen sollten, dann müssten sie nicht zu Fuss gehen. Selbstverständlich machen wir das gerne und es wird eine lustige – wenn auch abenteuerliche – Fahrt. Denn wir haben ja eigentlich nur zwei Fahrplätze. Babuschka wird auf den sicheren Beifahrersitz gesetzt und Mamuschka und Bettina halten sich hinten einfach gut fest – was gar nicht so einfach ist, denn es geht über Stock und Stein. Aber alles geht gut, die beiden sind glücklich über die Mitfahrgelegenheit und wir freuen uns, dass wir den beiden einen guten Dienst erweisen konnten – sozusagen als Dankeschön für gestern Abend.

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