Wir sind unterwegs im Nordwesten von Georgien und wollen heute weiter in die Berge fahren. Auf dem Plan steht der Zagodipass nach Uschguli, einem urigen Bergdorf, das als das höchstgelegene ständig bevölkerte Dorf gilt und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Danach wollen wir weiterfahren ,nach Mestia, um dort noch ein wenig zu wandern. Der Zagodipass ist nicht ganz einfach zu fahren, wir wollen es aber versuchen. Nach einer ruhigen Nacht in der Natur, in der es ziemlich stark geregnet hat, entscheiden wir aber, den Zagodipass auszulassen, denn nach dem Regen ist uns das doch zu abenteuerlich und wir wollen nicht riskieren, irgendwo stecken zu bleiben. Also drehen wir um und nehmen einen grossen Umweg auf uns, d.h. wir fahren den ganzen Weg über Kutaissi zurück und nehmen die befestigte Strasse nach Mestia – was bedeutet, dass wir heute gute 7 Stunden fahren müssen. Die Misere beginnt damit, dass unser WC-Lüfter defekt ist, was sich bezüglich Geschmack im Freigeist bemerkbar macht. Wir werden in Kutaissi nach einem Ersatz Ausschau halten und starten frohen Mutes. Unterwegs rennt uns ein Hund fast ins Auto und wir testen Freigeists Bremsen – ausser einem kleinen Schreck ist nichts passiert. Die nächste Panne folgt aber schon bald, wir bemerken, dass der Ladebooster für unseren Strom nicht mehr funktioniert und da die Sonne nicht scheint, geht unser Strom ziemlich rasch zu Neige.
Die einzige Möglichkeit wäre ein Camping-Platz mit Stromanschluss – etwas, was hier in Georgien ziemlich rar ist. Wir finden auf Park4Night aber einen Platz und entscheiden, diesen anzufahren. Zuerst aber steht die Suche nach einem Lüfter in Kutaissi an – und wir finden tatsächlich in einem Hinterhofgeschäft so ein Ding. Gut, das erste Problem wäre soweit gelöst. Gegen 16 Uhr treffen wir beim „Campingplatz“ ein, der aber ziemlich ausgestorben aussieht, dennoch gibt es so etwas wie eine Steckdose. Um an die Steckdose zu kommen, müssen wir aber einen kleinen, sehr steilen Weg hinunterfahren und zudem ist der Boden da schon ziemlich aufgeweicht und schmierig vom Regen. Wir wagen es trotzdem – merken unten, dass der Strom nicht funktioniert und entscheiden diesen etwas ungemütlichen Ort wieder zu verlassen und halt mal ohne Strom zu leben. Wir kommen aber nicht mehr hoch mit Freigeist und nach drei erfolglosen Versuchen wird klar, dass wir das ohne Hilfe nicht schaffen – es ist einfach zu steil, zu schmierig und wir können nicht mit Vollgas da hoch, das es zu eng ist. Plötzlich tauchen zwei Männer auf – sie erzählen uns, dass sie Touristen aus Saudiarabien sind. Sie verkaufen sich als Experten in solchen Sachen und der eine setzt sich ans Steuer vom Freigeist und versucht es ebenfalls – aber auch er schafft es nicht. Es stellt sich heraus, dass sich die Expertise eher aufs Kochen bezieht als darauf, einen 3.5 Tonnen schweren Van einen matschigen Weg hochzufahren. Die beiden nehmen es noch gelassener als wir 🙂 und kochen erstmal für uns ein feines Reisgericht, nötigen uns fast, uns zu ihnen an den Tisch zu setzen und erstmal zu essen – das Problem werde sich schon irgendwie lösen.
Wir haben irgendwie keinen Appetit und als eine Gruppe Jugendlicher aus dem Dorf zu uns stösst, sind wir ziemlich erleichtert. Die wollen uns auch helfen, telefonieren wie wild herum und es stellt sich heraus, dass sie die Feuerwehr bestellt haben, die uns hier hochziehen soll. Ein Riesenspektakel für die Jugendlichen, sie sind ganz aufgeregt, kichern und albern herum und wir lassen uns von der guten Stimmung anstecken – es wird schon gut kommen. Und tatsächlich kommt nach ca. 15 Minuten ein grosses Feuerwehrauto und 5 Feuerwehrmänner in Vollmontour (!) steigen aus. Es wird beraten, abgeschätzt und unser Abschleppseil wird am Feuerwehrauto angehängt. Nun gehts los – der erste Versuch bleibt erfolglos, auch das Feuerwehrauto kommt nicht hoch. Wir brauchen mehr Anlauf. Also wird der ganze Platz ausgenutzt und es geht nochmals mit Vollgas los.
Dieses Mal reicht es – knapp aber mit vollem Getöse und begleitet von einem Riesenapplaus und lautem Gejohle sind wir schliesslich oben angekommen, alles heil und in Ordnung. Wir bieten natürlich an, den Einsatz zu bezahlen, die Feuerwehrmänner wollen jedoch nichts, notieren noch unseren Namen und machen sich dann aus dem Staub.
Die Jugendlichen lassen sich die Schokolade als Dankeschön schmecken und die beiden Touristen sind irgendwie verschwunden unser Besteck ist noch bei ihrem Esstisch unten am Fluss, aber wir wagen es nicht, uns da nochmals anzunähern, das Motto lautet nur noch: weg von hier, dafür nehmen wir diesen kleinen Verlust auf uns! Als wir losfahren wollen, kommt uns ein Polizeiauto mit Blaulicht entgegen – die haben irgendwie mitgekriegt, dass hier etwas los ist (oder wurden durch den Notruf bei der Feuerwehr avisiert).
Da die beiden Beamten absolut kein Englisch sprechen wird es etwas schwierig aber wir machen mit Händen und Füssen klar, was passiert ist und dass nun alles in Ordnung ist. Wir sind nicht sicher, ob die beiden etwas enttäuscht sind, dass sie zu spät sind, sie weisen uns nun jedoch an weiterzufahren, was wir schleunigst tun.
Wir sind total kaputt und suchen uns in der Nähe einen ruhigen Platz am Fluss, wo wir möglichst noch bei Tageslicht das nächste Problem angehen wollen: wir bauen den Ladebooster aus, nehmen ihn auseinander und sehen, dass es eine Sicherung ist, die durchgebrannt ist. In unserem Ersatzteilfundus finden wir eine etwas zu kleine Sicherung, die bauen wir aber ein und: es läuft wieder!
Nun gibts ein wohlverdientes Bier, bei laufendem Motor, damit sich unser Energietank und die Strombatterie wieder füllen können. Wir sind total aufgekratzt, wie oft wird man schon von einem Feuerwehrauto aus dem Schlamm gezogen – einmal mehr aber einfach beeindruckt ob der enormen Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit dieser Menschen hier – wenn irgendwer ein Problem hat, wird geholfen, es werden alle Hebel in Bewegung gesetzt um eine Lösung zu finden und irgendwie wird keine grosse Sache daraus gemacht, es scheint einfach selbstverständlich zu sein, dass man hilft. Wir nehmen uns ganz fest vor, von dieser Lebenseinstellung zu lernen und diese mit auf unsere weitere Reise und dann auch mit nach Hause in die Schweiz zu nehmen und fahren am nächsten Tag erstmal in Ruhe nach Mestia, wo wir uns ein paar Tage Auszeit gönnen.
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