Mitten im Stossverkehr um 19 Uhr treffen wir in Odessa ein und der Verkehr ist ziemlich lebhaft. Wir sind heute seit über 10 Stunden unterwegs und hundemüde, die vorhergehenden schlafarmen Nächte machen sich zudem bemerkbar. Der erste Teil der Strecke war vor allem landschaftlich schön, die Strassen dafür in einem so schlechten Zustand, dass wir gefühlt nicht vorwärts gekommen sind und zudem fordern die Schlaglöcher und „Buckelpisten“ hohe Konzentration beim Fahren. Den zweiten Teil der Strecke können wir auf der Autobahn machen, da geht es wesentlich rascher vorwärts. Auch hier sind wir fasziniert von der schönen Landschaft, den unglaublichen Weiten, den riesigen Sonnenblumenfeldern und je näher wir uns Odessa nähern, die reichhaltigen Melonenstände am Strassenrand – ja, wirklich am Strassenrand der Autobahn und Herr und Frau Ukraina hält hier auch ziemlich skrupellos an, überquert auch mal die Autobahn, um beim Stand auf der anderen Seite einzukaufen und niemand scheint sich daran zu stören.
Es ist Sonntagabend und die Fähre nach Georgien, die wir gerne erwischen möchten, fährt am Donnerstagmorgen um 3 Uhr. Wir müssen die nächsten Tage noch einiges organisieren, neben der Buchung braucht es wieder eine spezielle Versicherung für Georgien, eine Registrierung und auf jeden Fall einen PCR-Test. Ebenfalls wäre mal wieder ein wenig Schlaf, Entspannung und Erholung angesagt und die Stadt möchten wir auch noch etwas erkunden. Deshalb gehts ab ins Hotel, das mitten in der Stadt liegt und wo man uns einen überwachten Parkplatz für Freigeist anbietet. Er steht zwar nur die ersten Stunden vor dem Hoteleingang (wo er sich sehr gut macht;.), danach meint der Hotelparkwächter, dass wir ihn in den Hinterhof stellen sollten, wo er nicht grad auf den ersten Blick sichtbar ist, vor allem wegen den Dachkisten. Er begleitet uns zum Hinterhof, der zwar ehrlich gesagt etwas heruntergekommen ist und wo auch andere als Hotelpersonal Zugang haben, wir vertrauen dem Typen nun einfach und gehen mal davon aus, dass alles gut geht. Auch hier wird das Nummernschildthema wieder aktuell: der Parkwächter empfiehlt uns nämlich, die Nummer zu entfernen und im Wagen zu deponieren. Es ist anscheinend wirklich etwas dran an dieser Geschichte, wir können es uns aber irgendwie nicht vorstellen, was die denn mit dieser gestohlenen Nummer machen wollen. Aber auch hier lassen wir uns gerne beraten und wir zücken auch nicht das selbstgebastelte Schild, da wir hier ja offensichtlich auf einem nicht-öffentlichen Platz stehen und das ohne Nummernschild wohl kein Problem sein sollte.
Nun checken wir ein und wir fühlen uns gleich besser. Eine feine Dusche, ein kleines aber schmackhaftes Abendessen und dann schlüpfen wir ins komfortable Bett.
Am nächsten Tag gilt es diese Fährentickets zu besorgen und ein erster Online-Versuch scheitert immer an der selben Stelle, nämlich beim Gewicht von Freigeist. Wir können es uns nicht erklären und holen uns Hilfe an der Rezeption. Die Dame ist super hilfsbereit und ruft für uns bei UK-Ferrys an, kriegt den richtigen Agenten ans Telefon und verhandelt über das Problem und mögliche Lösungen. Das System funktioniert nicht, weil ein Opel Movano nie so ein Leergewicht haben kann, deshalb können wir die Buchung nicht abschliessen. Wir versuchen zu erklären, weshalb Freigeist so schwer ist aber keine Chance, die Agentur beruft sich immer auf das offizielle Leergewicht auf der Herstellungsseite. Ein grosses Hin und Her beginnt, bis wir schliesslich einfach irgendein Gewicht eingeben, das überhaupt nichts mit dem effektiven Gewicht zu tun hat und aber vom System geschluckt wird. Nun ist die Buchung getan, Bettina geht am Nachmittag aber dennoch kurz beim Büro vorbei und klärt das nochmals – mit genau dem Agenten, der am Vormittag mit der Hoteldame telefoniert hat. Wir einigen uns darauf, dass wir eine zusätzliche Gewichtsgebühr von 50 Dollar bezahlen und er uns dafür das „korrekte“ Gewicht, das auch im Fahrzeugausweis steht auf der Buchung vermerkt. Ebenfalls etwas kompliziert wird es dann noch mit dem PCR Test. Man braucht hier in der Ukraine nicht einfach nur ein Resultat online, nein es braucht mal wieder einen farbigen Ausdruck mit Original-Stempel – wie könnte das auch anders sein. Auch wenns anstrengend und teils nervenaufreibend ist, auch das gehört für uns dazu, ein Land kennenzulernen und schlussendlich sind wir mit etwas Unterstützung ja doch zum Ziel gekommen.
Es bleibt noch genügend Zeit, um Odessa zu erkunden, durch die Strassen zu schlendern (schnell geht nicht, es ist über 32° heiss), fein zu essen und zu trinken und den Park sowie den Strand zu besuchen. Ein bunter Mix aus schönen prunkvollen Gebäuden, total schrägen Hotelkomplexen, heruntergekommenen Strassenecken, einer Hafengegend mit extremen 70er Jahre Bausünden, vielen Sehenswürdigkeiten und coolen Örtchen einer offenbar aktiven alternativen Szene mit Konzerten, Ausstellungen, Secondhandläden, Essensständen und hippen Cafés. In diesem Mix ca. erleben wir die Stadt und sie gefällt uns sehr gut. In Odessa wird Russisch und Ukrainisch gesprochen. Russisch ist aufgrund der kulturellen und historischen Siedlungsgeschichte der Region bis heute die weitestverbreitete Sprache der Stadt. Im offiziellen Zensus aus dem Jahr 2001 gaben 65 % der Einwohner Russisch als Muttersprache an.Eine Befragung des International Republican Institute ergab, dass in Odessa 93 % der Einwohner zuhause Russisch sprechen. Wir merken nun auch, dass wir die Leute wieder etwas besser verstehen – es gibt also doch einen Unterschied zum Ukrainisch und unser Russischkurs ist nicht ganz ohne Wirkung geblieben.
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